Amerikanisches Mittel gegen den Trotti-Wildwuchs

Herumliegende Trottinette ärgern in San Diego. (Foto: UT File Art)

Ah, die Wonnen der Mikro-Mobilität! Anstatt mühsam zuerst den einen, dann den anderen Fuss auf den Boden zu setzen und den Körper mit Bewegungen der Beine vorwärtszuschieben, krümmt der moderne Mensch bloss das Handgelenk, und schon saust er auf dem Elektro- Trottinett durch die Strassen der Stadt, die Haare im Wind. Vierminutenpreise von zwei Franken an aufwärts halten Fans ebenso wenig vom Gebrauch der E-Trottis ab wie das beträchtliche Unfallrisiko, das sie auf den ungeschützten Gefährten mit kleinen Rädern eingehen. Entsprechend rollen Bird, Tier, Circ, Voi und andere Verleiher die Schweiz auf.

Die USA hinken in Sachen E-Trottinette weit hinter China, dem Rest von Asien und sogar Europa hinterher. An meinem Wohnort New York sind E- Scooter noch sehr rar, da verboten. Die Invasion wird aber nicht aufzuhalten sein, das zeigt die Erfahrung mit konventionellen Elektrobikes: Sie waren auch lange illegal und setzten sich gleichwohl flächendeckend durch.


Wenn sich Ärger breitmacht, weckt das den amerikanischen Unternehmergeist.


In vielen anderen US-Städten ist die Manie jedoch angekommen – und mit ihr ein unkontrollierter Wildwuchs. Weil sie keine Docks benötigen, stehen oder liegen die sperrigen Zweiräder überall herum. Sie behindern Fussgänger und beanspruchen Verkehrsraum, meist ohne dass ihre Verleiher dafür einen Preis zahlen.

Wenn sich Ärger breitmacht, weckt das den amerikanischen Unternehmergeist. Im kalifornischen San Diego hat eine Firma damit begonnen, das Trotti-Unkraut zu jäten. Unter dem Namen ScootScoop, zu übersetzen etwa mit Trotti-Schaufel, machen sich die Mitarbeiter der Firma auf die Suche nach E-Scootern auf privatem Gelände. Finden sie eins, machen sie ein Foto davon, notieren den Fundort, schreiben ein Abschlepp-Ticket und hieven das Ding dann in ihren Lieferwagen. Die eingesammelten Vehikel werden eingelagert und erst freigegeben, wenn Verleiher die Busse von 50 Dollar zahlen plus Lagergebühren von zwei Dollar pro Tag.

In Garagen und Lagerhäusern von San Diego warten Tausende von E- Scootern darauf, abgeholt zu werden. Manche Verleiher machen mit und zahlen Lösegeld. Doch Bird und Lime legen sich quer. Die zwei Anbieter stellen sich auf den Standpunkt, ScootScoop betreibe nichts anderes als Diebstahl. Sie reichten gegen die Firma Klagen ein. Der Gang zum Gericht – auch dies ist eine ganz amerikanische Methode.


Erschienen am 6. August 2019 in der Basler Zeitung.

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